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Ich, der Hahn und die Axt, oder vom Toeten und Getoetet werden.

Ich habe es tatsaechlich uebers Herz gebracht. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben ein „hoeheres Tier“ willentlich getoetet. In meinem ganzen Leben kann ich mich nur daran erinnern, als ich noch in der Grundschule war, einmal einen Vogel getoetet zu haben. Das war ein kleiner Jungvogel, der aus dem Nest gefallen war und so oder so eingegangen waere. Mein Vater hat mich damals ueberzeugt, ihn mit „Karacho“ gegen die Wand von Nachbars Haus zu werfen. An meine Gefuehle damals kann ich mich nicht mehr erinnern. Es muss aber einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben, sonst waere es laengst aus meinem Gedaechtnis verschwunden. Denn, so sehr ich mich auch bemuehe, es ist nicht viel, an das ich mich aus dieser fruehen Zeit erinnern kann.

Dann, einige Jahre spaeter, habe ich mit dem Angeln angefangen und einige Jahre durchgehalten. Da ist es schon mal vorgekommen, dass ich einen Fisch habe „um die Ecke bringen muessen“. Aber vergleichbar mit einem Hahn, um den handelte es sich naemlich heute, ist das nicht wirklich. Fische sind kalt, schreien nicht, bewegen sich kaum. Ein kraeftiger Schlag auf den Kopf, ein Stich zwischen die Kiemen und das war`s.

Ich hatte neue Huehner bestellt, oder besser gesagt, fuenf zusaetzliche Huehner denn es gibt eine grosse Zahl Freunde und Bekannte, die sich die Finger nach unseren Eiern lecken. Bei uns wissen sie, wie die Huehner leben, bei uns wissen sie was sie zu fressen bekommen, bei uns gibt es noch Eier von gluecklichen Huehnern, jedenfalls verglichen mit denen aus der Fabrik.

Bei der Gelegenheit habe ich auch einen neuen Hahn bestellt. Der alte, ein wirklich stattlicher Hahn, ist mir in den letzten Monaten dermassen „auf die Nerven gegangen„,

ich musste etwas unternehmen. Ich brauchte bloss in die Naehe zu kommen, schon hat der einen Anfall bekommen. Jedesmal wenn die Kinder in den Garten gingen hatte ich Angst. Es wird naemlich immer schwieriger, die Huehner in ihrem Gehege zu halten. Aber darueber berichte ich noch mal. Wenn die Kinder in den Garten gegangen waeren und der Hahn gerade wieder ausgebuechst gewesen waere, der haette ihnen die Augen ausgekratzt, so aggressiv ist er gewesen. Besonders der Kleine mit seinen nicht mal drei Jahren, das Risiko war es mir nicht wert. Ich musste etwas unternehmen.

So leid es mir auch um den Hahn tut, das war ein untragbarer Zustand. Die neuen Huehner und der Hahn sollten heute abholbereit sein. Damit die beiden Haehne sich nicht auch noch in die Wolle bekommen und sich gegenseitig zerfleischen, musste ich den einen schlachten. Aber nicht wie beim letzten Huehnerschlachttag, wo uns ein Freund geholfen hat die Tiere zu toeten, diesmal habe ich es selbst gemacht. Der Rest der Familie war aus dem Haus, ich war mit mir, dem Hahn und der Axt alleine.

Das war schon ein komisches Gefuehl. Klar, jetzt lachen wieder einige Menschen ueber mich. Die, die mit Schlachten ihr Geld verdienen, werden sich lustig ueber mich machen. Diejenigen, die schon Jahre Haustiere halten und schlachten werden sagen, was fuer eine Memme. Damit kann ich leben. Es gab da ein Problem zu loesen, und ich war der einzige der das Problem loesen konnte.

Tief durchgeatmet, raus in den Huehnerstall und den Hahn eingefangen. Das war nicht schwer, kaum hatte er mich gesehen, da war er schon wieder auf 180. Das arme Tier an den Beinen und den Fluegeln gleichzeitig zu packen war da schon etwas schwieriger. Ich hatte mir einen dicken Knueppel und eine Axt zurechtgelegt. Letztere hatte ich extra noch mal an den Schleifstein gehalten (wie sich spaeter herausgestellt hat, war sie doch noch nicht scharf genug). Ich habe nicht lange gezoegert. Haette ich, ich haette bestimmt den „Schwanz eingezogen“. Hahn also gepackt, zum Holzklotz wo der Knueppel lag, dem Hahn einen kraeftigen Schlag auf den Kopf versetzt, ihn mit dem Hals auf einen Holzklotz gelegt und zugeschlagen.

Ich kann nur sagen, wer das noch nicht gemacht hat, der hat auch wirklich nichts verpasst. Ich weiss nicht, wer den hoeheren Pulsschlag hatte, der Hahn oder ich. Vorher vielleicht der Hahn, nachher bestimmt ich, naturgemaess 🙂 .  Ich habe schon einige Zeit gebraucht, um meinen Puls und meine Nerven wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Schon stand ich mit meinem toten kopflosen Hahn auf dem Hof (und himmelweit niemand der mir haette zur Seite stehen koennen) Einen grossen Eimer Wasser heiss gemacht, den Hahn ins heisse Wasser gesteckt, ein paar Sekunden gewartet und dann die Federn gerupft. Das ging wirklich einfach. Ich hatte wohl genau die richtige Wassertemperatur von 60 bis 80 Grad erwischt. Als das arme Tier dann nach dem Rupfen „nackig“ vor mir auf dem Tisch lag, war es schon gar nicht mehr so schlimm. Jetzt sah er schon nicht mehr wie ein „Tier“ aus, wie der Hahn den ich eben noch im Huehnergehege habe umherlaufen sehen. Jetzt sah er aus wie ein Huehnchen aus dem Supermarkt, und je laenger ich mit ihm alleine zusammen war, umso mehr hat sich der Hahn in meiner Vorstellung in eine leckere Huehnersuppe verwandelt. Alles Selbstschutz. Toeten ist schon eine ziemlich perverse Angelegenheit.

Ich hoffe, der neue Hahn wird nicht so ein aggressives Kerlchen werden.

Ach so, ich moechte noch hinzufuegen, die erste Portion Huehnersuppe war koestlich.

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12 Antworten

    1. Kein Problem Otto, schon verziehen

      Ich wuerde es nicht einmal so sehr daran festmachen, ob der Mensch nun Fleisch braucht oder nicht. Es ist Tradition, es schmeckt, ein lecker gegrilltes Haehnchenbein, was ist dagegen einzuwenden. Es ist meiner Ansicht ein kleines Stueck Lebensqualitaet. Das mag altmodisch klingen.

      Gruss RR

  1. hallo heiner,

    ganz ehrlich: ja 😉

    ich war kürzlich auf einem treffen des selbstversorgerforums und da hat mir ein hühnerhaltendes mitglied verraten, dass sie auch lange vegetarierin war, aber jetzt eben viel bewusster fleisch konsumiert und vor allem das ganze, selbst geschlachtete tier irgendwie versucht zu verwenden.

    klingt vernünftig.

    ja, kann schon sein, dass ich das auch schaffen würde. aber vermutlich gehts einem dann erst mal wie dir. man ist doch ziemlich fertig/leer im kopf und voller adrenalin.

    ich wüsste wirklich mal gerne von unabhängiger stelle, ob der körper eines ausgewachsenen menschen fleisch braucht. je nach lobbygruppe liest man ja dies oder das. ich kann nach 10 monaten vegetarier-dasein jedenfalls noch keine mangelerscheinungen wahrnehmen.

    viele grüße
    daniel

  2. Hallo beim ersten mal ist es immer etwas komisch wenn Mann selbst ein Tier schlachtet aber es war wohl das Beste was du machen konntest nicht nur wegen der Kinder sondern weil du sonst später Probleme mit beiden Hahnen bekommen hättest! Kenne selbst das Problem dar meine Schwigermutter Hühner hält. Wobei zu sagen ist das Sie zur Zeit ohne Hahn besser dran ist dar endlich Ruhe beim Hühnervolk eingezogen ist und das leit Huhn die Stelle des Hahns eingenommen hatp.s das Schlachten geht am besten mit nen guten Schlachtebeil. MfG Daniel

    1. Hallo MrGartenfuchs

      Ich habe auch darueber nachgedacht, ohne Hahn zurechtzukommen. Der hiesige Huehnerhaendler hat mir aber davon abgeraten. Zu viele Fuechse, zu viele Raubvoegel. Dem hiesigen Gaensezuchter hat man im letzten Jahr mehr als 100 Gaense gestohlen. Vermutlich Fuechse. Also, ich rechne mit aus, mit Hahn besser zurecht zu kommen. Wenn er nur halbwegs friedlich bleibt. Im Moment sitzt er vor Schiss naemlich nur im Legeeimer. Der neue Hahn hat mehr Schiss als alle Huehner zusammen.

      Gruss RR

  3. Mörder 😉

    Hut ab jedenfalls – ich kann mir gut vorstellen, dass man das als Anfänger nicht nur wegen des Rumgezappels schnell durchziehen muss, sondern in erster Linie, weil man sich sonst zu viele Gedanken macht.

    Grüße
    Daniel

    1. Und Daniel

      Denkst du immer noch daran, selbst Huehner zu halten? Ich bin aber sicher, das schaffst du auch. Ist nur ein einziger Schlag.

      Gruss RR

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